Das christliche Gebet ist untrennbar verbunden mit dem Lobpreis Gottes und dem Dank für alles, was man von ihm erhalten hat. Dank für jede Freude, aber auch Dank für jede Last, an der wir wachsen können und durch die wir geprüft werden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass das Vater Unser mit einem "geheiligt werde dein Name" beginnt. Wie ein roter Faden zieht sich der Lobpreis durch die Geschichte des Judentums und Christentums - gerade dann, wenn es den Menschen nicht gut ging. Die Schöpfungsgeschichte, welche jeden Schöpfungsakt mit der Erkenntnis schließt, dass es gut war, wurde aller Wahrscheinlichkeit nach im Babylonischen Exil - also in der größten antiken Katastrophe des jüdischen Volkes niedergeschrieben. Ein ganzes Buch der Bibel, die Psalmen, zeugt zwar immer wieder von großen Nöten, gleichzeitig ist jeder Psalm ein Lobpreis Gottes. Auch das bekannte Sommerlied "Geh aus mein Herz" entstand in einer für den Verfasser Paul Gerhardt entsetzlichen Zeit: Das Lied entstand gegen Ende des 30-jährigen Krieges, er selber hatte sinen jüngsten Sohn verloren. So ist es auch kein Wunder, dass er singt "suche Freud". Die Freude musste in der Tat gesucht werden.
Hier liegt ein entscheidender Punkt: Der Lobpreis und der Dank sind wenig hilfreich, wenn sie nicht ernst gemeint sind, sondern nur aus Pflichterfüllung gesprochen werden. Ein Undankbarer, der aus Höflichkeit "Danke" sagt, ohne dankbar zu sein, tut damit nichts Gutes, wenn der Empfänger des Dankes genau weiß, dass es nicht ehrlich gemeint ist.
Die Suche nach der Dankbarkeit ist der erste Schritt weg von einem selbstmitleidigen "Warum eigentlich immer ich? Warum geht es allen so gut nur mir nicht? Womit habe ich das verdient?". Wer ernsthaft sucht, wird sehr schnell fündig, vor allem hier in Deutschland, wo sich viele in Selbstmitleid ergießen, die es am wenigsten nötig hätten.
All das und noch vieles mehr kann man sich nicht selbst erarbeiten, man hat es geschenkt bekommen. Wer diese Dankbarkeit ehrlich sucht und empfindet, dem fällt es am Ende auch sehr leicht, den zu lobpreisen, dem man all das zu verdanken hat: Gott.
Lobpreis und Dank sind aber kein Selbstzweck. Sie dienen einem selber in vielerlei Hinsicht:
Ein Mensch kann nur glücklich sein, wenn er sich seines Glückes bewusst ist. Wer seinen Blick immer nur auf das Negative richtet, wird zwangsläufig alles nur negativ sehen. So jemand kann also nicht loben und führt zwangsläufig ein sehr unglückliches Leben. Wer dagegen das Gute sieht, dessen Urheber - Gott - lobt, kann trotz allen Leidens glücklich werden.
Jeder, der Dankbarkeit empfindet und Gott lobpreist überwindet die Selbstbezogenheit, die nicht nur anderen, sondern vor allem den betreffenden Personen selber das Leben schwer machen. Man sieht auf einmal, was man schon alles hat und dass die Last, welche man zu tragen hat, vergleichsweise gering ist.
Man richtet den Blick auf diejenigen, denen es viel schlechter geht als einem selber. Man empfindet mit ihnen und unterstützt sie, wo man kann. Fadenscheinige Selbstbetrugsausreden der Marke: "Mir fehlt die Zeit bzw. das Geld, ich habe ja selber viel zu wenig" entfallen, weil man selber erkennt, wieviel man mehr hat als andere und auf wieviel man in Wirklichkeit noch verzichten kann.
Aus dieser Dankbarkeit wächst eine innere Stärke, die sich durch eine positive Ausstrahlung bemerkbar macht. Eine Ausstrahlung, die man auch erkennen kann, wenn der Betreffende sich in Schwierigkeiten befindet. Hier kann man dann auch erkennen, dass die christliche Botschaft eine Heilsbotschaft ist, welche den Menschen hilft. Diese Dankbarkeit verschafft der christlichen Botschaft Überzeugungskraft. Denn wie glaubwürdig ist ein Mensch, der vorgibt eine Heilsbotschaft zu vertreten, jedoch den ganzen Tag nur am Motzen ist? Das bedeutet nicht, dass man als Christ den ganzen Tag gute Laune haben und immer lachen muss, aber man wird in jeder Situation einen Grund zum Lobpreis oder zum Danken finden.