Nach heute vorherrschender Auffassung entstand das Universum durch den Urknall, die Kräfte der Physik sorgten dafür, dass das Universum sich ausdehnte bzw. sich immer noch ausdehnt. Dabei entstanden Sonnen, Planeten und Monde und durch zahlreiche glückliche Umstände auch ein Planet, auf dem es Leben geben konnte - unsere Erde. Diese Sicht der Dinge wird von mir nicht angezweifelt. Doch diese physikalischen Gesetzmäßigkeiten weisen auf eine geistige Schöpferkraft hin. Die Schöpfungsgeschichte stellt diesen Prozess bildhaft dar. Der Schöpfer, der all diese Kräfte steuert und erschaffen hat, hat dies durch seinen Geist getan, die "glücklichen Umstände", welche zum Leben führten, waren göttliche Fügung.
Doch was kann man sich unter Geist vorstellen? Bevor ein Mensch etwas sagt oder eine Handlung verrichtet, plant er dieses in Gedanken. Zu jedem Werk, jeder Tat, egal ob gut oder böse, primitiv oder anspruchsvoll, gibt es ein geistiges Abbild. Hier beginnt der Heilige Geist seine Kraft zu entfalten. Denn wenn der Heilige Geist wirkt, dann erhalten die Ideen und Denkweisen des Menschen eine göttliche Unterstützung. Dann bekommt der Mensch die Ideen, das Verständnis, den geistigen Impuls, mit dem der göttliche Heilsplan umgesetzt wird. Die Seele von Jesus entstammte diesem Geist, der auch das All und die Welt entstehen ließ.
Der Heilige Geist ist die göttliche Antwort auf die Gebete. Wer um Hilfe betet, der kann diese bekommen durch geistige Impulse oder durch andere Menschen, die vom Heiligen Geist geleitet wurden. Wenn man vor einer Operation betet, kann die Antwort darin bestehen, dass der Heilige Geist den Geist der Ärzte leitet, sodass diese ihre Arbeit besonders gut verrichten. Da der Heilige Geist aber nicht nur den Geist des Menschen bereichern kann, kann er auch bei Naturkatastrophen helfen, weil er eben auch Naturgewalten aller Art leiten kann. Für jemanden, der betet und mit Gott in Beziehung stehen möchte, ist es also wichtig, sich möglichst stark vom Heiligen Geist leiten zu lassen.
Ein entscheidender Unterschied besteht hier zu esoterischen Lehren: Es geht nicht darum, selber in irgendeiner Art göttlich zu werden. Man kann nichts Aktives tun, um selber zu diesem Geist zu werden. Man kann nur darum bitten, dass man ihn empfängt und dass die eigenen Gedanken durch göttliche bereichert werden. Doch wann dies der Fall ist, kann man nie selber entscheiden. Es ist eine Gnade Gottes, den Heiligen Geist zu empfangen.
Doch woran erkennt man diesen Geist, wenn man ihn empfängt? Ich behaupte an dieser Stelle einmal: überhaupt nicht, jedenfalls nicht mit absoluter Sicherheit. Man kann es nur vermuten. Denn der Geist Gottes ist für den menschlichen Geist nicht fassbar, zumindest nicht vollständig. Im Rückblick wird man das eine oder andere Mal wohl mit Recht sagen können, dass hier der Heilige Geist am Werk war, z. B., als bei der friedlichen Wende in der DDR die demonstrierenden Menschenmassen nicht zusammengeschossen wurden wie wenige Monate zuvor auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Doch in dem Moment, in dem der Heilige Geist wirkt, ist es wohl nur in seltensten Fällen erkennbar. Manchmal können es auch mehrere aufeinander aufbauende Denkimpulse sein, welche durch Ideen und Anregungen von anderen ergänzt werden. Für den Menschen wird es immer eine Suche bleiben - dementsprechend sind natürlich auch diese Texte hier kritisch zu hinterfragen, da sie von einem menschlichen Geist verfasst wurden. Es ist nicht auszumachen, ob und gegebenenfalls wo der Heilige Geist mitgeholfen hat. Orientierung kann hier die Lehre und das Leben Jesu bieten - der voll vom Heiligen Geist war (Lukas 4,1). Das bedeutet:
Eine Suche nach der Wahrheit: Niemand ist im Besitz der vollständigen Wahrheit. Um diese zu finden, muss man die Stärke haben, eigene Einschätzungen und Aussagen zu hinterfragen, andere Menschen um kritische Rückmeldung bitten, ergebnisoffen zu denken. Man kann die Wahrheit nur gemeinsam mit anderen Menschen finden, wobei hier nicht die Mehrheit entscheidet, was richtig ist und was falsch - das Gesetz der Mehrheit ist ein menschliches Gesetz - sondern der Verstand. Der Verstand ist eine Gabe Gottes und kann durch die Kraft des Heiligen Geistes unterstützt werden.
Umsichtiger Umgang mit dem Wort: Wenn ein Mensch seine Gedanken einem anderen Menschen mitteilen möchte, benutzt er dafür Worte. Das Wort ist also die Schnittstelle zum Geist eines anderen Menschen. Die Wahrheit kann nur derjenige sprechen, der jedes Wort, das er spricht, auf seinen Wahrheitsgehalt prüft. Schon in den Sprüchen Salomos heißt es: Wo viel Worte sind, da geht's ohne Sünde nicht ab; wer aber seine Lippen im Zaum hält ist klug (Salomo 10,9). Gerade wenn über andere - egal wen - geredet wird, wenn man kritisiert, sollte man jedes Wort genau abwägen, um keinen Unheiligen Geist zu verbreiten. Im Matthäus-Evangelium heiße es dazu: Merkt ihr nicht, dass alles, was zum Mund hineingeht, das geht in den Bauch und wird danach in die Grube ausgeleert? Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung. Das sind die Dinge, die den Menschen unrein machen. (Matthäus 15,17 - 20)
Streben nach Nächsten- und Feindesliebe: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. (Matthäus 5,44) Es ist das Gesetz der Welt, dass Gewalt mit Gewalt beantwortet wird und dass sich die Gewalt dabei immer mehr steigert. Dieser Teufelskreis wird durchbrochen, wenn man anfängt, das Gute im Angreifer zu suchen und zu fördern, da Beten für andere bedeutet, an deren seelischem Wohlbefinden interessiert zu sein. Dies beinhaltet auch, dass diese mit ihren Fehlern konfrontiert werden und sich damit auseinandersetzen. Diese Auseinandersetzung kann ein anderer Mensch nicht erzwingen. Der Heilige Geist kann es aber bewirken und man kann dafür beten. Dann betet man für diese Menschen, egal welche Meinung man von ihnen hat.
Weiterentwicklung: Es ist gewiss nicht alles gut, was neu ist. Aber jeder der eine Arbeit verrichtet, ist bestrebt, diese zu verbessern. Wenn diese Verbesserung für die Menschen in ihrer Gesamtheit gut ist, dann war es eine gute Entwicklung. Dann geschah sie aus Liebe zu den Menschen und war sicherlich im Sinne Gottes, denn der Mensch ist das Abbild Gottes. Das bedeutet aber, dass man selber aufgefordert ist, neue Wege zu gehen - natürlich mit der gebotenen Vorsicht und mit stetigem Hinterfragen des Fortschritts für die Menschen. Die Bibel wäre nicht für alle Menschen zugänglich geworden, hätte man nicht auf die Neuerung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert zurückgegriffen. Viele Menschenleben konnten nur gerettet werden, weil die Medizin neue Mittel fand. In der heutigen Zeit sind viele Heilungen nur dank modernster Computertechnik möglich. Es geht aber nicht nur um den wissenschaftlichen Fortschritt. Es geht um den Fortschritt in jeder kleinen Arbeit, die für Gott und die Menschen verrichtet wird, egal ob Musikkompositionen, Jugendgruppen, Sozialhilfe usw. Man kann sich nie darauf berufen, dass man bestimmte Dinge schon immer so gemacht hat, man muss immer wieder Bestehendes hinterfragen, überarbeiten und verbessern. In dem Gleichnis von den anvertrauten Zentnern (Matthäus 25,16) geht es darum, dass man das, was man von Gott bekommt, auch einsetzen und nicht aus Angst verstecken soll. Liest man die Bibel etwas genauer, stellt man fest, dass auch Jesus Schritte zur Weiterentwicklung vollzog. So ließ er sich von Johannes taufen (Matthäus 3,13; Markus 1,9; Lukas 3,21) er ging in die Wüste - wohin ihn der Heilige Geist führte (Matthäus 4,1; Markus 1,12; Lukas 4,1), fastete und entwickelte sich auch hier durch die Auseinandersetzung mit der Versuchung weiter. Auch in Gethsemane erhielt er eine weitere Stärkung nach einem Gebet (Lukas 22,43).
Freier Geist: Ein Geist, der unfrei ist, kann sich logischerweise nicht frei entfalten. Er wird zumindest gestört sein, die Gefahr ist groß, dass der Betreffende meint, den Heiligen Geist zu suchen, in Wirklichkeit jedoch ein anderes Ziel hat.
Mit dem Gebet bittet man den Heiligen Geist, damit man selber versteht, wie man sich im Zweifel verhalten soll. Man bittet auch darum, dass er bei anderen Menschen wirkt, die vielleicht in großer Bedrängnis sind, mit denen man sich vielleicht auch in Konflikt befindet. Durch den Heiligen Geist erhält man eine Antwort auf das Gebet - manchmal wird man durch ihn selber geleitet, manchmal werden andere Menschen durch den Heiligen Geist geleitet um dem Betenden beizustehen.